Systemischer Lupus erythematodes
Rund die Hälfte der Betroffenen entwickelt eine Nierenentzündung
Autorin: Nina Labhart
«Die Hauptaufgabe des Immunsystems besteht darin, den Organismus gegen äussere Angriffe durch Krankheitserreger zu verteidigen. Bei Menschen mit einer Autoimmunerkrankung wie systemischem Lupus erythematodes greift das Immunsystem allerdings körpereigenes Gewebe an. Die Abwehrkräfte werden also auch dann aktiviert, wenn gar keine Infektion vorliegt», beschreibt der Mediziner. Die unkontrollierte Reaktion des Immunsystems kann bei Lupus-Patientinnen und -Patienten zu Entzündungen und schliesslich zu Schädigungen im Gewebe und an verschiedenen Organen führen. Der systemische Lupus erythematodes kann theoretisch alle Strukturen des Körpers befallen. Folglich kann das Erscheinungsbild der Krankheit von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein.
Die Symptome von systemischem Lupus erythematodes
Bei Patientinnen und Patienten mit systemischem Lupus erythematodes können Schübe auftreten, deren Häufigkeit und Schweregrad die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Die Entzündungsreaktionen betreffen unter anderem folgende Körperteile:
- Haut
- Gelenke und Muskeln
- Blutgefässe
- weisse und rote Blutkörperchen, Blutplättchen
- Herzbeutel, Rippenfell und Bauchfell
- Herz
- Nieren
- Nervensystem
- Lunge
- Verdauungstrakt
Die Vielzahl der möglichen Symptome macht eine Diagnose oft schwierig. Die Verwechslungsgefahr mit anderen Erkrankungen ist hoch. «Krankheiten mit denselben Symptomen müssen in zahlreichen klinischen Tests ausgeschlossen werden. Dies erfordert ein multidisziplinäres Team», erklärt der Dr. Iudici.
Ursache unbekannt
Die Ursachen von systemischem Lupus erythematodes sind noch nicht vollständig erforscht. «Lupus ist zwar keine Erbkrankheit, trotzdem spielen mehrere genetische Faktoren eine Rolle. Dazu kommen verschiedene Umwelteinflüsse, welche die Entstehung der Krankheit fördern können. Dazu zählen beispielsweise Viren wie das Epstein-Barr-Virus, gewisse Medikamente, UV-Strahlung und vermutlich auch einige Giftstoffe», zählt der Rheumatologe auf. Darüber hinaus wird Tabakkonsum mit einem erhöhten Risiko in Verbindung gebracht.
Von systemischem Lupus erythematodes sind hauptsächlich Frauen betroffen. Dies lässt darauf schliessen, dass weibliche Geschlechtshormone – beispielsweise Östrogen – ebenfalls an der Entstehung der Krankheit beteiligt sind. «Während einer Schwangerschaft oder einer Östrogentherapie kann die Krankheit reaktiviert werden», sagt Dr. Iudici.
Entzündungsreaktionen verursachen nicht nur Schmerzen. Wenn sie sehr ausgeprägt oder langanhaltend sind, können sie zu Funktionsverlusten der betroffenen Organe führen. Besonders die Nieren leiden unter der Autoimmunerkrankung. «Bei rund 40 bis 50 Prozent der Lupus-Patientinnen und -Patienten sind die Nieren betroffen», weiss der Rheumatologe. Sehr häufig kommt es zu einer Entzündung, einer sogenannten Glomerulonephritis oder Lupus-Nephritis, in den Filtrationseinheiten der Nieren. Es gibt verschiedene Arten von Glomerulonephritis mit unterschiedlichen Schweregraden. «Die frühzeitige Erkennung einer Lupus-Nephritis gehört zu den wichtigsten Zielen der langfristigen Behandlung von Menschen mit systemischem Lupus erythematodes», so Dr. Iudici. Regelmässige Untersuchungen, etwa die Kontrolle des Blutdrucks, die Suche nach Ödemen sowie Blut- und Urintests zur Überprüfung der Nierenfunktion, sind für Betroffene deshalb sehr empfehlenswert, um eine Nierenbeteiligung rechtzeitig zu diagnostizieren.
Trigger kennen und Schübe vermeiden
Es gibt verschiedene Faktoren, die einen Lupus-Schub auslösen können. Zu den bekanntesten Triggern gehört Sonnenlicht (UV-Strahlung). Der Experte rät den Betroffenen daher, die Sonnenexposition auf die kühleren Stunden des Tages zu beschränken, Lichtschutzmittel wie Sonnenschutzcremes zu verwenden und den Kopf mit einem Hut zu schützen. «Zudem sollten Patientinnen und Patienten die Einnahme von photosensibilisierenden Medikamenten vermeiden. Das sind Arzneimittel, die eine Lichtempfindlichkeitsreaktion auslösen können. Dazu gehören beispielsweise nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente wie Diclofenac oder Ibuprofen», zählt der Arzt auf.
Weitere bekannte Auslöser eines Schubs sind Virusinfektionen und Stress.
Behandlung von systemischem Lupus erythematodes
Der systemische Lupus erythematodes ist eine chronische Erkrankung, deren Aktivität jedoch mit verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten kontrolliert werden kann. «Der Einsatz von Medikamenten zielt darauf ab, die Hyperaktivität des Immunsystems zu regulieren, Beschwerden wie Gelenkschmerzen oder Müdigkeit zu mindern und die Funktion der Organe zu erhalten», erklärt der Mediziner. Arzneimittel mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin verhindern Rückfälle und sind wirksam bei der Kontrolle von nicht ausgeprägten Haut- und Gelenkmanifestationen. Zudem wirken sie sich positiv auf den Stoffwechsel und die die Blutgefässe aus. «Die meisten Patientinnen und Patienten benötigen jedoch eine Kombination von Medikamenten», gibt Dr. Iudici zu bedenken. «Die Auswahl hängt von den spezifischen Beschwerden, Begleiterkrankungen und der Verfügbarkeit der Arzneimittel selbst ab.» Häufig eingesetzt werden zum Beispiel Kortikosteroide oder biologische sowie nicht-biologische Immunmodulatoren.
Die Behandlung der Lupus-Nephritis hängt von ihrer Ausprägung, ihrem Schweregrad und dem Alter der Patientin oder des Patienten ab. Hier findest du weitere Informationen zur Lupus-Nephritis.
«Erfreulicherweise wächst das Bewusstsein für die Krankheit. Auch die Zahl der Studien, die darauf abzielen, die Ursachen und Auslöser der Krankheit zu erforschen und die beste Behandlungsstrategie zu ermitteln, nimmt zu», so der Arzt.
Das können Betroffene selbst tun
Lupus-Medikamente, insbesondere Kortikosteroide, können zu unerwünschten Nebenwirkungen wie erhöhtem Körpergewicht, gesteigertem Risiko für Knochenbrüche oder Infektionen führen. «Daher ist es für Betroffene von grosser Bedeutung, einen gesunden Lebensstil zu pflegen, der die Gefahr dieser Komplikationen verringern kann. Wir empfehlen regelmässige Bewegung, da sie die Kontrolle des Körpergewichts fördert, sowie positive Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und auf die Knochen- und Muskelmasse hat», erläutert der Rheumatologe. «Zudem wirkt Sport stimmungsaufhellend.»
Dr. Iudici rät ausserdem dazu, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Betroffene sollten wissen, wie sie ihre Kalorienzufuhr und das erhöhte Hungergefühl, die während der Kortikosteroid-Therapie auftreten, kontrollieren können.
Lupus-Patientinnen und -Patienten sollten auf ihre Sonnenexposition achten und ihren Impfstatus regelmässig aktualisieren, um sich besser gegen eine Infektion mit Grippe, Pneumokokken oder Herpes-Zoster zu schützen.
Der Verzicht auf Rauchen ist besonders bedeutsam. «Tabak steigert nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern kann auch die Wirksamkeit bestimmter Lupus-Medikamente verringern», führt der Arzt aus.
Zuletzt ist es Dr. Iudici ein Anliegen, Betroffene darüber aufzuklären, wie wichtig es ist, sich an die ärztlichen Empfehlungen zu halten. «Wer verschriebene Medikamente nicht regelmässig einnimmt oder Behandlungen ohne Absprache unterbricht, kann seine Gesundheit in Gefahr bringen», warnt er.
Der Experte
Dr. med.
Michele Iudici
Rheumatologe am Universitätsspital Genf (HUG)
Rheumatologe am Universitätsspital Genf (HUG)
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