Plötzlich nierenkrank

Mario Rossi über das Leben mit einer chronischen Nierenkrankheit

Die Diagnose kam für ihn überraschend. Doch nicht nur die chronische Nierenerkrankung ist für Mario Rossi eine Herausforderung. «Die Krankheit ist das kleinste Problem. Die existenziellen Ängste, die sie auslöst, sind viel schlimmer.»

Autor: Dr. phil. Bernhard Spring

Es waren recht aufreibende Zeiten, im Januar vor zwei Jahren. Eine Weiterbildung stand an, im Freundeskreis ereignete sich ein Todesfall und dann zog auch noch die Corona-Pandemie auf. «Das war alles extrem viel», so Mario Rossi*. Der Manager hatte eigentlich eine robuste Gesundheit, musste nie in ein Spital und brauchte nur selten Medikamente.

Aber jetzt klagte er über starke Kopfschmerzen, eine innere Unruhe führte zu Schlafstörungen. «Ich habe immer eine Erklärung für die Beschwerden gefunden. Mal dachte ich, dass die Klimaanlage vom Hotel dahintersteckt, mal hatte ich ganz allgemein den Stress im Verdacht.»

Die Diagnose: ein Schock

Der Gedanke, seinen Blutdruck einmal überprüfen zu lassen, kam ihm spontan. In der Apotheke wurden alarmierende Werte festgestellt, Rossi begab sich daraufhin sofort in ein Spital. Die Untersuchungen dort zeigten nicht nur Bluthochdruck an, sondern auch eine gefährlich reduzierte Nierenleistung. Deren Ursache konnte nie genau festgestellt werden, im Ausschlussverfahren blieb letztlich der Bluthochdruck als Auslöser übrig.

Die Diagnose war für Rossi ein Schock. Die Krankheit selbst stand dabei gar nicht so sehr im Mittelpunkt. «Ich konnte zuerst gar nicht realisieren, was ein so schwerer Nierenschaden für meine Gesundheit bedeutet.» Ihn beschäftigten mehr die sozialen Folgen der Erkrankung: Würde er seinen Beruf, seinen Lebensstandard, seine Wohnung behalten können? Hinzu kam ein schlechtes Gewissen. «Jetzt falle ich der Versicherung und der Allgemeinheit zur Last. Das war für mich anfangs schwer zu ertragen, weil ich immer stolz darauf war, finanziell unabhängig zu sein.»

Ein neuer Alltag

Rossi erfuhr von Anfang an viel Unterstützung, vom Klinikpersonal, von seinem Arbeitgeber, einer Ernährungsberaterin und einer Case-Managerin, die ihm bei Anträgen half. Dadurch fiel es ihm leichter, sich auf seine Krankheit und die Behandlung zu konzentrieren.

Inzwischen kommt Rossi mit der Dialyse gut zurecht, auch wenn sie seinen Alltag verändert hat. «Durch die Krankheit habe ich viel Lebensqualität eingebüsst, aber auch viel gewonnen», ist er sich sicher. Rossi geht die Dinge nun entspannter an, lebt spontaner und nimmt sich mehr Zeit für sich. «Ich sehe meine Umgebung mit anderen Augen und kann beispielsweise die Natur viel bewusster wahrnehmen. Das bereichert mein Leben ungemein.»

Trotzdem bleibt die Dialyse, die Ärzte sprechen auch immer wieder eine Nierentransplantation an. Doch Rossi fühlt sich noch nicht soweit. «Ein fremdes Organ von einer verstorbenen Person anzunehmen, ist nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine mentale», so Rossi. «Ich brauche noch etwas Zeit, um diesen Schritt zu gehen. Bis dahin geht es mit der Dialyse ganz gut.»

 

*Name von der Redaktion geändert

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