So geht Patient Empowerment

Selbsthilfe für Betroffene

Patient Empowerment, Patientenkompetenz, Selbstwirksamkeitserwartung: Ein neues Konzept zum Verhältnis von Arzt und Patient setzt sich immer mehr durch. Dabei ist vor allem der Patient gefragt: Welche inneren Kräfte kann er nutzen, um die Krankheit zu bewältigen?

Autor: Dr phil. Bernhard Spring

Als Patient Empowerment wird die Fähigkeit bezeichnet, sich auf eigene und fremde Ressourcen der Krankheitsbewältigung zu besinnen und diese Ressourcen zu nutzen. Der Patient ist dabei nicht mehr Objekt einer Therapie durch andere, sondern aktiver Mitwirkender seiner medizinischen Behandlung. Das Ziel ist es nicht, die Krankheit das Leben bestimmen zu lassen. Vielmehr wird mit der Krankheit und ihrer Bewältigung ein neuer Lebensabschnitt definiert.

Einstellung und Immunsystem

Patient Empowerment ist ein zeitgenössischer Begriff für ein altes, den Menschen innewohnendes Bestreben, das eigene Schicksal auch in einer Krise, wie sie beispielsweise eine Erkrankung darstellt, selbstbestimmt gestalten zu können.

Der Glaube an die eigenen Ressourcen zur Krisenbewältigung wird mit dem Begriff ‹Selbstwirksamkeitserwartung› beschrieben. Diese innere Einstellung wirkt als psychosozialer Faktor auf neurobiologische Prozesse ein, die wiederum die Abwehrkräfte steuern. «Der Zusammenhang zwischen der Selbstwirksamkeitserwartung und körperlichen Mechanismen ist gut erforscht», erklärt Professor Doktor Gerd Nagel, Experte für Patient Empowerment. «Unsere Einstellung und Erwartungshaltung kann das Immunsystem positiv beeinflussen.»

Neues Verhältnis Arzt – Patient

Das angeborene Vertrauen in die eigenen Ressourcen verlieren allerdings viele Menschen im Laufe ihres Lebens. Das hat verschiedene Gründe. So führt beispielsweise der häufig ausgeübte Anpassungsdruck in Erziehung und Schulsystem zu einer Entfremdung von sich selbst.

Zugleich herrschte in der modernen Medizin für lange Zeit die Vorstellung vor, dass Behandlung und Heilung ausschliesslich Sache des medizinischen und Pflegepersonals seien. Durch die Überantwortung des eigenen Schicksals wurde der Patient auf eine passive Rolle festgelegt. Dabei blieben häufig sowohl seine individuellen Bedürfnisse als auch seine Heilungskräfte unberücksichtigt.

Weg zum Patient Empowerment

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts setzte eine Entwicklung zum kompetenten Patienten ein. Sie begann mit der Information des Patienten über die Krankheit und die medizinischen Massnahmen und führte zu einer zunehmenden Emanzipation des Patienten, der in die gemeinsame Entscheidungsfindung zur Behandlungsstrategie einbezogen wurde. Hierbei agieren Arzt und Patient auf Augenhöhe. Der Begriff ‹kompetenter Patient› beschreibt eine Positionierung nach innen. Es geht um Fragen der Eigenverantwortung in der Krankheit. Der Patient versteht sich als Koproduzent von Gesundheit und sucht nach eigenen Möglichkeiten zur Krankheitsbewältigung. Dabei stellt er sich drei typische Fragen:

  • Wer hilft mir, die geeigneten Informationen, die ich benötige, zu bekommen?
  • Wie finde ich meinen persönlichen Weg in der Krankheit?
  • Was kann ich selbst zur Krankheitsbewältigung beitragen?

Kompetente Patienten übernehmen nicht die Funktion von Ärzten. Sie wollen keine medizinischen Entscheidungen treffen, sondern diese nachvollziehen können. Sie sind Experten, nicht im medizinischen Bereich, aber hinsichtlich ihrer eigenen Wünsche, Ängste, Hoffnungen und Erwartungen. Ihnen obliegt es, Diagnose und Behandlung der Erkrankung mit ihrer Lebensführung zu vereinbaren.

Patient Empowerment erlernen

Oft benötigen Menschen Hilfe, um sich ihrer eigenen Selbstwirksamkeitserwartung bewusst zu werden und die Kompetenz, Entscheidungen nach ihren Bedürfnissen zu treffen, zu erlangen. «Die Selbstwirksamkeitserwartung kann beispielsweise in einem Coaching vermittelt werden», so Prof. Nagel. «Dabei wird die Frage aufgeworfen, was der einzelne Patient tun kann, um die Selbstwirksamkeitserwartung zu stärken. Die Antwort muss jeder für sich selbst finden.»

Dieses Umdenken erfordert mitunter viel Geduld, da gewohnte Denkmuster und Handlungsweisen hinterfragt und aufgebrochen werden müssen. «Die innere Einstellung kann allerdings so trainiert werden, dass sie zur Gewohnheit wird», weiss der Experte.

Ziel ist es, das eigene Schicksal auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene zu beeinflussen. «Der kompetente Patient hat die Überzeugung, dass er ein gesunder Mensch ist, der eine Erkrankung hat», erklärt Prof. Nagel. «Das klingt vielleicht widersprüchlich. Gemeint ist, dass er die Krankheit nicht die Oberhand über sein Leben gewinnen lässt. Das gilt natürlich immer nur in einem Stadium, in dem noch Handlungsmöglichkeiten bestehen.»

Mehr Patient Empowerment

Die Entdeckung und Nutzung der eigenen körperlichen, geistigen und psychischen Kräfte ist ein weites Feld, dem wir uns ausführlich gewidmet haben: Finde mehr Informationen zum Patient Empowerment auf myHEALTH.

Der Experte

Prof. Dr. med.

Gerd Nagel

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