Nierenwerte testen lassen in der Hausarztpraxis
Nierengesundheit im Blick: die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte
Autorin: Nina Labhart
Die grosse Herausforderung von Nierenkrankheiten? Sie machen zu Beginn oft keine spezifischen Beschwerden und werden deshalb häufig erst spät erkannt. Doch eine frühzeitige Diagnose kann die Lebensqualität der Betroffenen stark verbessern und einschneidende Massnahmen wie eine regelmässige Blutwäsche (Dialyse) oder eine Transplantation verzögern oder sogar ganz verhindern. «Umso wichtiger ist es, dass Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine Nierenkrankheit, wie zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Krankheiten, und Personen, die aufgrund von rheumatischen Erkrankungen potenziell nierenschädigende Medikamente einnehmen müssen, ihre Nierenwerte regelmässig testen lassen», sagt Dr. Tronnolone.
Erste Anlaufstelle ist die Hausarztpraxis. Dort werden Patientinnen und Patienten um eine Blut- und eine Urinprobe gebeten, die dann auf bestimmte Marker geprüft werden.
Zwei Tests zur Untersuchung der Nierenfunktion
Das Blut wird auf seine Kreatinin-Konzentration untersucht. Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt der Muskeln. Ist der Kreatinin-Wert erhöht, kann das ein Hinweis auf eine gestörte Nierenfunktion sein. Um diesen Verdacht zu bestätigen, wird zusätzlich eine Urinprobe analysiert. Wird im Urin eine auffällige Menge an Albumin, einem Eiweiss, gefunden, deutet das darauf hin, dass die Filtrierleistung der Nieren eingeschränkt ist. «Zusammen mit Informationen zum Geschlecht, zu Grösse und Gewicht lässt sich mit diesen beiden Werten die Nierenfunktion in verschiedene Stadien einteilen. Bei auffälligen Ergebnissen wird empfohlen, die betroffene Person an eine Spezialistin oder an einen Spezialisten für Nieren zu überweisen», erklärt Dr. Tronnolone.
Wer sollte seine Nierenwerte testen lassen?
«Wenn eine Patientin oder ein Patient in der Hausarztpraxis als Risikoperson gilt – etwa aufgrund von Typ-2-Diabetes –, wird die Nierenfunktion regelmässig überprüft. Dies geschieht zusätzlich zur routinemässigen Blutzuckermessung», erklärt der Medizinier. Wie oft ein Nierentest durchgeführt werden sollte, hängt vom allgemeinen Gesundheitszustand der betroffenen Person ab. «In der Regel sollten Menschen mit nierenschädigenden Vorerkrankungen mindestens einmal pro Jahr untersucht werden. Es kann aber auch sein, dass der Test alle sechs Monate oder in noch kürzeren Zeitabständen durchgeführt wird», so Dr. Tronnolone.
Dass Nierenkrankheiten oft zu spät erkannt werden, liegt nicht an mangelnder Aufmerksamkeit der Hausärztinnen und Hausärzte, sondern daran, dass auch Vorerkrankungen wie ein hoher Blutzuckerspiegel oder Bluthochdruck häufig unbemerkt bleiben, da sie ebenfalls keine auffälligen Beschwerden verursachen. Viele Betroffene ahnen deshalb nicht, dass etwas nicht stimmt, fühlen sich gesund – und gehen dementsprechend nicht zur Ärztin oder zum Arzt. «Damit wir Nierenkranke aber überhaupt diagnostizieren können, müssen diese erst einmal in die Praxis kommen», stellt Dr. Tronnolone klar. Er empfiehlt deshalb auch gesunden Menschen zwischen 45 und 50 Jahren einen allgemeinen Gesundheits-Check durchführen zu lassen, der neben dem Gewicht, Blutzuckerspiegel und Blutdruck auch die Überprüfung der Nierenfunktion umfasst. «Im Gespräch fragen wir auch nach der Lebensweise der Patientin oder des Patienten. Der Konsum von Tabak oder die regelmässige Einnahme von Schmerzmitteln können wertvolle Hinweise auf die Nierengesundheit geben. Erst die Kombination aus verschiedenen Tests und einer ausführlichen Anamnese ermöglicht eine fundierte Einschätzung – denn die Nieren sollten nie isoliert betrachtet werden», betont der Arzt.
Zusammenarbeit zwischen Nephrologie und Hausarztpraxis
Nephrologinnen und Nephrologen sind medizinische Fachpersonen, die sich auf das Gebiet der Nierenheilkunde spezialisiert haben. Sie übernehmen bei Verdacht auf eine Nierenkrankheit die Behandlung der Betroffenen. In vielen Fällen erfolgt die Betreuung in enger Zusammenarbeit mit der Hausarztpraxis.
Wie diese Zusammenarbeit aussieht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Oft werden Patientinnen und Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung in grösseren Abständen von der Nephrologie betreut, während die hausärztliche Praxis die regelmässige Kontrolle übernimmt – je nach Vorerkrankungen etwa alle drei bis vier Monate. Wenn die Nierenproblematik isoliert auftritt und keine weiteren Begleiterkrankungen bestehen, kann die Betreuung ausschliesslich durch die Nephrologie erfolgen.
«Auch individuelle Umstände beeinflussen die ärztliche Versorgung: Die Beziehung zwischen Betroffenen und Hausärztinnen oder Hausärzten, die Verfügbarkeit von Nephrologinnen und Nephrologen sowie der Wohnort spielen eine Rolle. In städtischen Gebieten ist der Zugang zur spezialisierten Versorgung oft einfacher als in ländlichen Regionen, wo Hausarztpraxen eine noch zentralere Rolle in der Betreuung übernehmen», weiss der Mediziner.
Wenn keine Behandlung gewünscht wird
Einige Betroffene, insbesondere ältere Menschen, entscheiden sich bewusst gegen eine weitere Behandlung ihrer Nierenerkrankung. «Für sie stehen oft andere gesundheitliche oder persönliche Anliegen im Vordergrund», erklärt Dr. Tronnolone. In solchen Fällen ist es wichtig, die Betroffenen einfühlsam über ihre Optionen zu informieren und gemeinsam eine Entscheidung zu treffen. «Es geht darum, in einem offenen Gespräch zu klären, welche Massnahmen sinnvoll sind und welche nicht mehr gewünscht werden.»
Nierengesunder Lebensstil
Um seine Nieren zu schützen und ihre Funktion auch beim Vorliegen von Risikofaktoren zu bewahren, helfen einige Lebensstiländerungen. Dr. Tronnolone empfiehlt, den Salzkonsum zu reduzieren und auf ein gesundes Gewicht zu achten. «Zentral ist ausserdem ein Rauchstopp. Menschen, die aufgrund von Krankheiten oder Schmerzen regelmässig Medikamente einnehmen müssen, sollten gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt überprüfen, ob diese möglicherweise nierenschädigend sind und welche Alternativen zur Verfügung stehen», rät er.
Der Experte

Dr. med.
Donato Tronnolone
Facharzt für Allgemeine und Innere Medizin, Familienpraxis Rothrist, Mitverfasser der Broschüre «Nephrologie für Hausärztinnen und Hausärzte»
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