Dialyse

Eine Reinigung, die Leben retten kann

In welchem Stadium der chronischen Nierenkrankheit benötigt ein Patient eine Dialyse? Welche verschiedenen Arten der Dialyse gibt es, wie funktionieren sie und welche Vorteile haben sie? Prof. Olivier Bonny, Chefarzt am Kantonsspital Freiburg, gibt Auskunft.

Autorin: Sabine Pirolt

Die gute Nachricht zuerst: Die chronische Nierenkrankheit ist kein unabwendbares Schicksal. Die Hauptursachen sind Diabetes und Bluthochdruck – zwei Krankheiten, die man mit seinem Lebensstil beeinflussen kann. Prof. Olivier Bonny, Chefarzt am Kantonsspital Freiburg, erklärt: «Wenn der Hausarzt bei Patienten mit Bluthochdruck oder Diabetes eine eingeschränkte Nierenfunktion oder einen Verlust von Albumin über den Urin feststellt, sollte er sie weiter beobachten. Sie erhalten Medikamente, die das Fortschreiten der Nierenkrankheit verlangsamen.»

Individueller Krankheitsverlauf

Der Verlust der Nierenfunktion kann je nach Patient unterschiedlich schnell voranschreiten. Manche verlieren fünf bis zehn Prozent ihrer Nierenfunktion pro Jahr, andere nur zwei Prozent. Prof. Bonny stellt fest: «Inzwischen gibt es eine neue Klasse von Medikamenten, mit denen die Nieren geschützt werden können. Sie werden in eine Art Ruhezustand versetzt, wodurch das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt wird. Diese Behandlung hat auch eine günstige Wirkung auf das Herz.»

Dennoch ist in einigen Fällen eine Dialyse notwendig – beispielsweise, wenn die Nierenfunktion eines Patienten auf zehn Prozent zurückgeht.  «Je nach Situation des Patienten entscheiden wir, ob eine Nierentransplantation oder eine Dialyse die richtige Strategie ist», erklärt Prof. Bonny. «Eine Transplantation bringt die höchste Lebensqualität. Findet sich allerdings kein Spenderorgan oder hat der Betroffene noch weitere Erkrankungen, ist eine Dialyse angeraten.»

Zwei Arten von Dialyse

Es gibt zwei grundlegende Möglichkeiten der Blutreinigung: die Hämodialyse und die Peritonealdialyse. Bei der Hämodialyse wird das Blut des Patienten durch eine Filtermaschine geleitet und anschliessend wieder in den Körper zurückgeführt. Dafür verbinden Ärzte eine oberflächliche Vene im Arm des Patienten mit einer Arterie, um eine Fistel zu bilden. «Dies ermöglicht einen ausreichenden Blutfluss für die Dialyse und stellt den besten Zugang dar.» Manche Patienten können nicht von einer Fistel profitieren und entscheiden sich für die Einlage eines Katheters, der am Hals eintritt und in Herznähe nach unten verläuft.  Prof. Bonny warnt: «Egal, ob Katheter oder Fistel: Der Zugang ist nach wie vor entscheidend, um eine Hämodialyse durchführen zu können.»

Diese Art der Blutreinigung sollte dreimal pro Woche mit einer Dauer von jeweils vier Stunden durchgeführt werden. Dialysezentren haben auch am Abend oder in der Nacht geöffnet. Selbstverständlich ist dies eine einschränkende Behandlung. «Im Vergleich zu Menschen mit Nieren, die rund um die Uhr arbeiten, zahlen die Patienten einen Preis für ihr Überleben: Sie verlieren pro Woche zwölf Stunden für die Dialyse.» Es ist auch möglich, die Hämodialyse zu Hause durchzuführen, aber diese Methode ist noch nicht sehr weit entwickelt, und es muss ein Partner während der Sitzungen anwesend sein. Als Nebenwirkungen zählt Prof. Bonny niedrigen Blutdruck, Kopfschmerzen, Krämpfe oder Juckreiz auf.

Die Blutwäsche kann zu einem Verlust von Vitaminen und Proteinen führen, ausserdem können eine Blutarmut und Probleme mit dem Kalzium- und Knochenstoffwechsel auftreten. Aus diesem Grund erhalten die Betroffenen Nahrungsergänzungsmittel oder Erythropoetin, ein Hormon, das die Produktion von roten Blutkörperchen fördert.

Peritonealdialyse

Die zweite Art der Dialyse wird als Peritonealdialyse bezeichnet. «Man benutzt die Bauchfellhaut, das Peritoneum, als Filter für die Blutreinigung. Viermal am Tag führt der Patient über einen Katheter eine Flüssigkeit in seinen Bauch ein. Diese mit Toxinen beladene Flüssigkeit leitet er einige Stunden später wieder aus», führt der Experte aus. Eine Maschine kann die manuelle Peritonealdialyse ersetzen. Der Patient muss sich dann jede Nacht an eine Maschine anschliessen. «Die Peritonealdialyse ist eine sanftere Methode. Sie verlangt aber auch, dass man zu Hause Platz hat, um die Beutel mit der Flüssigkeit zu lagern.»

Da durch die Dialyse der Mineralstoff- und Flüssigkeitshaushalt des Blutes verändert wird, kann es zu Bluthochdruck und einer Unter- oder Überversorgung mit Nährstoffen kommen. Aus diesem Grund müssen die Blutwerte regelmässig überprüft werden. Patienten wird eine individuell festgelegte Diät empfohlen.

Der Experte

Prof. Dr. med. Dr. phil. nat.

Olivier Bonny

Abteilungschefarzt Nephrologie, HFR, Freiburg Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Nephrologie

Abteilungschefarzt Nephrologie, HFR, Freiburg Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Nephrologie

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