Nieren in Not

Was steckt hinter der Störung der Nierenfunktion?

«Viele Betroffene fallen aus allen Wolken, wenn sie die Diagnose hören», weiss Dr. Harald Seeger. Das Problem: Chronische Nierenkrankheit macht sich oft nicht bemerkbar.

Autor: Dr. phil. Bernhard Spring

Die Erkrankung «chronische Nierenkrankheit» ist gar nicht so einfach zu fassen. «Ganz allgemein gesprochen, handelt es sich dabei um eine Störung der Nierenfunktion, die länger als drei Monate anhält und Auswirkungen auf die Gesundheit hat», so Dr. Seeger. Typischerweise ist sie charakterisiert durch eine eingeschränkte Nierenfunktion und/oder eine erhöhte Urineiweissausscheidung. Sie kann langfristig zu Folgeschäden wie Knochen- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Schleichender Verlauf

Die Krux: Die chronische Nierenkrankheit bleibt meist lange unbemerkt, da sie ohne Schmerzen verläuft. Beschwerden wie Bluthochdruck, Wassereinlagerungen und Müdigkeit setzen erst im späteren Verlauf ein und sind unspezifisch. Betroffene und auch Ärzte haben deshalb nicht immer die Nieren als Auslöser im Verdacht. «Bei einer chronischen Nierenkrankheit kann beispielsweise die Flüssigkeitsausscheidung reduziert sein», erklärt Dr. Seeger. «Aber wer bemerkt das schon? Es geht um wenige Milliliter pro Tag. Falls die Nierenkrankheit nicht zufällig bei einer Routineuntersuchung entdeckt wird, ist es wahrscheinlicher, dass sie aufgrund der Folgeerkrankungen diagnostiziert wird, als dass direkte Beschwerden auffallen.»

Rauchen als Beschleuniger

Die Nierenkrankheit kann viele Ursachen haben. Diabetes, Bluthochdruck, Herzerkrankungen oder eine familiäre Belastung gelten als wesentliche Risikofaktoren. Gefährlich sind ebenfalls bestimmte Medikamente, Übergewicht, Bewegungsmangel und ein hoher Cholesterinspiegel, da dieser die durch die Nierenkrankheit bedingte Gefässalterung beschleunigt. «Rauchen und eine ungesunde Ernährung führen zwar meist nicht zu einer Nierenkrankheit, wirken aber auf eine bestehende Krankheit wie ein Katalysator», weiss der Experte. Eine chronische Niereninsuffizienz kann nicht geheilt werden. Auch lassen sich die geschädigten Zellen der Organe nicht wiederherstellen. Umso wichtiger ist es, die Krankheit frühzeitig zu diagnostizieren und zu therapieren. Ziel der Behandlung ist es, die weitere Verschlechterung der Niereninsuffizienz aufzuhalten und Komplikationen zu verhindern.

Individuelle Therapieansätze

«Zunächst geht es darum, die konkrete Ursache der Nierenkrankheit zu ermitteln und wenn möglich zu beheben», so Dr. Seeger. «Deshalb gehört zur Therapie der Nierenkrankheit und ihrer Komplikationen auch die Behandlung von Grunderkrankungen wie beispielsweise Diabetes oder Bluthochdruck.» Durch einen gesunden Lebensstil mit regelmässiger Bewegung sowie eine salzarme und ausgewogene Kost können die Nieren entlastet werden. Parallel dazu helfen Medikamente, den Blutdruck zu normalisieren, die Eiweissausscheidung zu reduzieren und somit das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Komplikationen zu reduzieren. «Weitere, drastischere Behandlungsmassnahmen wie die Dialyse oder die Nierentransplantation lassen sich über lange Jahre hinauszögern, wenn die Grunderkrankung sowie die Progressionsfaktoren gut behandelt sind», weiss Dr. Seeger. «Deshalb ist die Prognose bei Niereninsuffizienz sehr heterogen. Verhältnismässig gut ist sie natürlich immer dann, wenn die Erkrankung möglichst frühzeitig diagnostiziert wird.» Um das sicherzustellen, empfiehlt der Experte, bei Diabetes oder Bluthochdruck die Nierenfunktion und die Urineiweissausscheidung einmal jährlich überprüfen zu lassen.

Der Experte

PD Dr. med.

Harald Seeger

Stv. Klinikdirektor, Leitender Arzt Nephrologie Universitätsspital Zürich

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